Bettina M. Wiesmann MdB

Pressestatement zum Protestcamp auf dem Campus der Goethe-Universität

Anlässlich des Protestcamps auf dem Campus der Goethe-Universität können Sie die Bundestagsabgeordnete Bettina M. Wiesmann (CDU) wie folgt zitieren: 

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist Antisemitismus auf deutschen Straßen, in Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie im Kunst- und Kulturbetrieb in erschreckender und alarmierender Weise zutage getreten. Jüdische Bürger, Schüler, Lehrkräfte, Studenten und Wissenschaftler erfahren häufiger und unverstellter denn je Anfeindungen und Angriffe. Das ist angesichts der deutschen Geschichte und unserer tief empfundenen Verantwortung für jüdisches Leben in Deutschland unerträglich und nicht hinzunehmen.

Seit zwei Tagen versammeln sich bis zu 80 Personen zu einem propalästinischen Protestcamp unter dem Namen „Hind`s Camp“ am Campus Westend der Goethe-Universität Frankfurt. Mit großer Sorge blicke ich auf dieses Camp. Vor dem Hintergrund der gewalttätigen Proteste an amerikanischen wie auch deutschen Hochschulen und Universitäten stellt das Protestcamp eine Quelle massiver Beunruhigung von Juden dar, die leicht zur Bedrohung werden kann.

Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundrechte unserer Verfassung und höchste Güter einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Doch auch diese Güter kennen Schranken: Hass und Hetze, zum Beispiel gegen Juden, sind nicht durch das Grundgesetz geschützte Äußerungen und dürfen an Universitäten keinen Platz haben!

Unsere Hochschulen müssen Orte des unbeeinträchtigten Lernens und Forschens sowie des offenen Diskurses sein. Es muss zudem sichergestellt sein, dass vielfältige meinungsoffene Debatten im Rahmen der demokratischen Verfassung unserer pluralistischen Gesellschaft stattfinden können. Deshalb stehe ich zur ursprünglichen Genehmigung des Camps unter Auflagen durch die Stadt Frankfurt.

Indem es aber bereits innerhalb des ersten Tages des Protestcamps zu strafrechtlich relevanten Handlungen und Festnahmen gekommen ist, zeigt sich: Ein solches Protestcamp am Campus Westend ist keine geeignete Plattform, um konstruktive Debatten im öffentlichen Raum zu ermöglichen.  Es leistet vielmehr einer Instrumentalisierung der Goethe-Universität für antisemitische Umtriebe im Gewand legitimer Israelkritik Vorschub; letztere wird aber fast jede Woche in Frankfurt selbstverständlich im Rahmen genehmigter Demonstrationen artikuliert.

Allen Studenten unserer Universitäten muss es ermöglicht werden, in Freiheit und Sicherheit dem Studium und der Forschung nachzugehen. Dafür Sorge zu tragen und zugleich den freien Diskurs zu ermöglichen, ist die Leitung der Goethe-Universität in beeindruckender Weise bemüht. Ein mehrtägiges Zeltlager ist für die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit eine Möglichkeit, aber nicht zwingend.  Nach den Erfahrungen der letzten Tage rufe ich zum Abbruch des Camps und zum friedlichen Meinungsaustausch im geschützten und nach demokratischen Grundprinzipien moderierten Rahmen an der Goethe-Universität auf.

Gleichzeitig fordere ich die Bundesregierung zum Handeln auf. Sie sollte im Rahmen der Bund-Länder-Gremien KMK und GWK für ein gemeinsames Verständnis eintreten, Hochschulgesetze so anzupassen, dass wegen antisemitischer Gewalttaten verurteilte oder mit solcher Gewalt drohende Studenten exmatrikuliert werden können. Auch sollte das staatlich vergebene Label der „Exzellenz“ in Wissenschaft und Forschung künftig nur an solche Einrichtungen vergeben werden, die konsequent gegen Antisemitismus vorgehen. Darüber hinaus brauchen wir mehr Forschung und wirksame Bildungsprogramme, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus widmen und jüdisches Leben stärken.